KritMed Leipzig zu #le0711 – Nie wieder Faschismus!

KritMed Leipzig zu #le0711 – Nie wieder Faschismus!

KritMed Leipzig zu #le0711 – Nie wieder Faschismus!

Am 07.11.2020 fand in Leipzig eine Großdemonstration der „Bewegung Leipzig“ und des Bündnisses „Querdenken“ statt, für welche überregional und u.a. auch durch rechtsextreme Gruppen mobilisert wurde. Dabei wurde die Leipziger Innenstadt zu einer Bühne für zehntausendeDemonstrierende: Verschwörungsanhänger*innen, Esoteriker*innen und Kritiker*innen der aktuellen Corona-Maßnahmen versammelten sich neben Antisemit*innen und gewaltbereiten rechten Hooligans. Wir waren Teil der Gegendemonstrationen und das Erlebte hat bei uns Bestürzung, Fassungslosigkeit und Wut ausgelöst.Wir als „Kritische Medizin Leipzig“ finden es legitim und sogar wichtig, getroffene Infektionsschutzmaßnahmen kritisch zu hinterfragen und das Versammlungsrecht einzufordern. Dabei muss aber immer eine ganz klare Abgrenzung gegen rechtsradikale Akteur*innen und gegen all jene, die sich mit ihnen auf die Straße stellen, stattfinden. Unzufriedenheit und Betroffenheit rechtfertigt niemals, sich Seite an Seite mit menschenverachtenden Meinungen und Menschen zu begeben.

Das Tragen (bzw. Nicht-Tragen) einer Maske wurde an diesem Tag als politisches Symbol missbraucht und somit wurde, statt solidarisch zu protestieren, die Gesundheit Tausender gefährdet.

Außerdem wurde leider sehr deutlich, dass sowohl die sächsische Justiz, als auch das sächsische Innenministerium und die Polizei nicht in der Lage beziehungsweise nicht gewillt waren, Hygieneauflagen durchzusetzen, einen friedlichen Verlauf sicherzustellen und Journalist*innen und Zivilist*innen vor Angriffen zu schützen. Sowohl das Nichteinhalten der Hygienemaßnahmen, als auch die Gewaltbereitschaft einiger Demonstrant*innen waren angekündigt und absolut vorhersehbar, was trotz allem nicht dazu geführt hat, dass genügend polizeiliche Einsatzkräfte vor Ort waren und ausreichend Schutzmaßnahmen ergriffen wurden. Während in der Innenstadt Menschen angegriffen und Polizeiketten gewaltvoll durchbrochen wurden und es offensichtlich an Einsatzkräften mangelte, war die Gegendemonstration am Roßplatz von mehreren hundert Polizist*innen eingekesselt. Wasserwerfer, die sonst regelmäßig bei linken Demonstrationen eingesetzt werden, kamen erst spät nachts in Connewitz zum Einsatz. Es war in der Folge nicht möglich, sich ohne Angst vor rechten Übergriffen durch die Stadt zu bewegen. Die zwei linken Kundgebungen wurden zu wichtigen Schutzräumen für Journalist*innen und Zivilist*innen.

Auch die nachfolgende Berichterstattung stellte die Ereignisse des Tages verzerrt dar. Der Innenminister spricht von einem „überwiegend friedlichen Verlauf“ und davon, dass „die Polizei den friedlichen Verlauf gewährleistet und gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den Gruppen verhindert“ habe. Die Tagesthemen am späten Abend begannen mit Ausschreitungen in Connewitz, anstatt zuerst über die rechte Gewalt zu berichten. Erst spät wurden die Berichte teilweise korrigiert. Bei uns, die wir selbst vor Ort waren, lösen diese Art von Berichterstattung über das Erlebte Unverständnis, Angst und Wut aus. Nach Heidenau 2015, dem Umgang mit Pegida, sowie den Geschehnissen in Chemnitz 2018 müssen wir nach diesem Tag in Leipzig erneut feststellen, dass die staatlichen Institutionen in Sachsen offensichtlich nicht fähig und nicht willens sind, sich klar von rechtsextremen Gewalttaten und Meinungen abzugrenzen.
Unsere Gesellschaft braucht eine ausführliche Aufklärung der Ereignisse am Samstag und drastische Konsequenzen für die Verantwortlichen. Es darf kein zweites Mal zu einer schweigenden Mehrheit kommen. Wir dürfen nicht vergessen: Die deutsche Ärzt*innenschaft war zu Zeiten des Nationalsozialismus tief in die menschenverachtenden und mörderischen Machenschaften der Nazis verstrickt. Wir als Medizinstudierende und Ärzt*innen müssen dieser Verantwortung gerecht werden und uns aktiv dem Faschismus und seinen Anhänger*innen entgegen stellen.

Eure KritMed Leipzig

 

Informiert euch unter #le0711 !
Differenzierte Berichte zu den Ereignissen: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-11/leipzig-querdenker-demo-corona-massnahmen-protest/komplettansicht; https://www.l-iz.de/politik/leipzig/2020/11/Falsche-Polizeitaktik-ueberforderte-Einsatzleitung-Das-hat-ein-Nachspiel-im-Innenausschuss-des-Landtages-358466; https://www.l-iz.de/leben/gesellschaft/2020/11/Die-Wut-in-Leipzig-Querdenker-eingekesselt-35874; Tagesschau 08.11.: https://www.youtube.com/watch?v=Q8rbEui_RAA&feature=youtu.be Neonazis durchbrechen die Polizeiketten und ermöglichten so die Demonstration über den Ring: https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_88904640/demo-in-leipzig-neonazis-machten-fuer-querdenken-die-drecksarbeit-.html Innenminister Wöllner lügt ganz offensichtlich in seiner Pressekonferenz: https://twitter.com/i/status/1325491307083681792 #woellerruecktrittIm Gedenken an Clara Caroline Schachne: https://www.leipzig.kritmed.de/blog/allgemein/2020/11/09/im-gedenken-an-clara-caroline-schachne/