Leitfaden: Diskriminierung in der Lehre

Was tun bei diskriminierenden Äußerungen oder Handlungen von Dozent*innen?

Hey! Bestimmt kennst du die Situation, in der du dich gefragt hast: Hat der*die Prof*in gerade ein diskriminierendes[1] Wort benutzt? Oder hat er*sie etwa ein gängiges Vorurteil bedient? Du wurdest gerade selbst diskriminiert oder findest das Verhalten bzw. die Aussage komplett daneben? Du bist unsicher, wie du damit umgehen sollst, nichts tun ist aber auf jeden Fall keine Alternative ­– Ja, das stimmt! 

Immer wieder bekommen wir Anfragen, was Studierende tun können, wenn sich Dozent*innen diskriminierend geäußert haben, und bitten uns, etwas zu unternehmen. Oft sind wir kapazitär jedoch nicht in der Lage allen Anfragen gerecht zu werden, weswegen wir hier mit diesem Leitfaden einen Vorschlag entwickelt haben, wie du in solchen Situationen selbst aktiv werden kannst. 

 

Erster Schritt: In welchem Rahmen ist die als grenzwertig einzuordnende Aussage gefallen? War es in einem Seminar, Praktikum, UaK („Unterricht am Krankenbett“ = täglicher Unterricht ab dem 7. Semester) oder in einer Vorlesung? Möchtest du den*die Dozent*in direkt ansprechen oder lieber nochmal ein paar Argumente sammeln und ihn*sie im Nachhinein per Mail kontaktieren?  Bist du selbst von der Diskriminierung betroffen oder möchtest du dich als Nichtbetroffene*r solidarisch zeigen? 

Zweiter Schritt: Es kann bestärkend sein, dich, bevor du aktiv wirst, mit Kommiliton*innen auszutauschen, die die Aussage wie du als diskriminierend einschätzen. Ihr könnt gemeinsam eine Email an den*die Dozent*in schreiben. Ihr könnt aber auch jede*r einzeln eine Email schreiben. Das kann dem*der Dozent*in bewusst machen, dass viele Studierende seine*ihre Aussagen diskriminierend finden und so ggf einen größeren Einfluss haben. 

Dritter Schritt: Sammele deine Argumente und bringe sie sachlich vor. Wahrscheinlich werden die meisten diskriminierenden Aussagen nicht mit dem Willen, andere zu diskriminieren, getroffen. Vielleicht hilft es, dir selbst nochmal bewusst zu machen, dass auch du unbewusst Menschen diskriminierst. Dennoch ist es wichtig, bestimmt und klar zu sagen, dass eine Aussage rassistisch/sexistisch/klassistisch o.a. war. Natürlich ist es deine Entscheidung, welche Art von Sachlichkeit du an den Tag legen kannst und möchtest. Je nach Kontext und der Schwere des diskriminierenden Verhaltens musst du auch nicht immer wohlwollend gegenüber der agierenden Person sein. Besonders, wenn du selbst von der Diskriminierung betroffen bist.  Wenn du die Kapazitäten hast, biete ein offenes Gespräch an und stehe für Rückfragen zur Verfügung. Falls du sie nicht hast, dann ist es völlig in Ordnung jeglicher folgender Konfrontation aus dem Weg zu gehen [2].

Vierter Schritt: Jetzt ist der*die Dozent*in an der Reihe auf deine Mail zu antworten. Je nachdem wie die Antwort ausfällt und du siehst, dass die Person ihren Fehler einräumt, kannst du selbst entscheiden, ob du dich mit der Antwort zufrieden gibst oder keine Einsicht siehst und das Ganze sogar öffentlich machen möchtest. Hierbei ist es wichtig zu hinterfragen, wer durch die Aussage diskriminiert wurde. Oft kämpfen bereits bestehende Gruppen von Betroffenen gegen Diskriminierung bestimmter Art und werden von privilegierteren Menschen in dem Bereich oft wissenlos übergangen. Schreib gezielt Betroffenen-Gruppen an, ob sie aktiv werden möchten und schildere den Fall (die Aussage, deine Email, die Antwort, etc.). Vielleicht sind sie schon genau auf dem Feld aktiv und stehen schon im Gespräch mit bestimmten Instituten um an bestehenden Ungerechtigkeiten etwas zu ändern. Biete deine Mithilfe an oder frag, wie du unterstützen kannst. 

Das Wichtige ist auf jeden Fall, dass Diskriminierungen jeglicher Art nicht toleriert werden dürfen und offen angesprochen werden müssen! Dazu kannst du einen Beitrag leisten, indem du selbst Menschen auf ihre diskriminierenden Aussagen hinweist oder mit ihnen darüber sprichst. 

 
[1]Eine Definition für Diskriminierung könnte zum Beispiel sein: „Eine Diskriminierung im rechtlichen Sinne ist eine Ungleichbehandlung einer Person aufgrund einer (oder mehrerer) rechtlich geschützter Diskriminierungskategorien ohne einen sachlichen Grund, der die Ungleichbehandlung rechtfertigt.“ 
[2] Du könntest deine Kontaktaufnahme zum Beispiel beginnen mit:
    „Ich möchte nicht, dass…“ 
    „Ich halte diesen Begriff für … und wünsche mir, dass Sie ihn nicht benutzen.“
    „Ich halte diesen Begriff für … und wünsche mir, dass die statt dessen den Begriff … benutzen“
    „Dieses Verhalten ist verletzend, bitte hören Sie damit auf“

Wir möchten dir hier die Möglichkeit anbieten, uns deine Erfahrungen mitzuteilen, indem du diesen anonymen Fragebogen ausfüllst. Wir werden die Einträge nicht einzeln veröffentlichen, werden aber bei sich häufenden Vorfällen in bestimmten Unterrichtsformaten oder von Einzelpersonen aktiv werden. Wir lesen außerdem jeden Eintrag gemeinsam durch und besprechen ihn. Wir werden die Einträge möglichst rücksichtsvoll und verantwortungsbewusst behandeln. Danke für dein Vertrauen und deinen Mut.