Utopien von Mitarbeiter*innen des Gesundheitswesens

 

 

Welche persönliche Utopie hast du für unser Gesundheitssystem?

Utopie als Ziel einer besseren Welt mit Fokus auf dem Miteinander und der Natur. Das Wort Utopie macht mir Lust die Fantasie laufen zu lassen und sich nach tiefen Träumen zu fragen: Warum eigentlich nicht? Was wäre am ehesten ein erster Schritt? Dann geht man los.

„Gesund sein“ besser „bleiben“, heißt manchmal auch zu akzeptieren, dass es normal ist krank zu werden und dass der biologische Zufall auszuhalten ist. Man darf sich nicht noch zusätzlich krank machen lassen, z.B. von Ängsten der Angehörigen.

Wie eine Ingenieurin oder ein Designer kann man als Ärztin oder Arzt ausloten was wirklich wichtig ist, damit sich der Patient gesund oder zumindest nicht kränker fühlt als nötig. Im „Ingenieurspiel“ (auch als Design thinking bekannt) könnte man einen pragmatischen Plan entwerfen und z.B. fordern: die drei wichtigsten Schritte um schwer kranken Menschen zu helfen sind 1) Aufklären über die aktuellen Möglichkeiten, Risiken und Prognosen in einer auf den Patienten zugeschnitten Kommunikation unter dem Gebot der Empathie und Güte 2) Moderne Schmerztherapie, Palliativmedizin und Psychoonkologie, sowie ganzheitliche Angebote 3) Alles unter der höchsten Priorität: der Achtung der Menschenwürde. Das wendet man diesen Plan systematisch an und evaluiert ihn mit wissenschaftlicher Präzision nach einer gewissen Zeit. Aus dem Gelernten entwirft man den nächsten Prototypen. Leider krankt die Wissenschaft im Moment zu sehr an der Jagd nach den so genannten „Impact“. Da braucht es eine Korrektur.

Der Weg zu einer utopischen Medizin liegt wohl auch ein Stück in der Synthese bisher verkannter Potenziale nicht allgemein evident wirksamer Verfahren und der Betonung der Individualität der Patienten („wer heilt hat Recht“). Zudem muss die Kommunikation in der Medizin im Studium besser geschult (das kommt ja zunehmend, u.a. im Masterplan 2020) und später entsprechend gewürdigt d.h. verhältnismäßig vergütet werden was bedeuten kann, dass Ressourcen (Zeit, Personal, Feedback, Evaluation) dafür gesichert werden.

Der in der Utopie zunehmend mündige Mensch kann seinen Willen zum Thema Gesundheit besser reflektieren und artikulieren. Dann wird er selbstbestimmter. Die aktuellen Gegentrends der Ignoranz und des Populismus, welche in der Politik grassieren, betonen aber auch dass die Antwort auf drängende Fragen bei Thema Gesundheit so gut erklärt werden, dass Zweifel nicht als Problem gesehen wird, sondern als Lösung. Nur wer zweifelt kennt die Ungewissheit der Biologie, also wie eine Krankheit „ausgeht“. Nur wer auch emotional versteht, was es heißt, dass wir in der Medizin nie sicher sein können, kann auch unsere Sprache verstehen, wenn wir zum Beispiel über Prognosen reden.
Der in der Realität meines Erachtens zunehmend hysterische Mensch braucht eine klare und gleichzeitig empathische Sprache um in seinem Willen zunächst geführt und dann hoffentlich befreit zu werden. Er muss uns vertrauen dürfen und können.

Uniklink Leipzig direkt an den Cospudener See verfrachten.

Welches Erlebnis hat dich in der Vergangenheit darin bestärkt/dir Hoffnung gegeben, dass alles ganz anders sein könnte?

Die vielen engagierten jungen Kolleginnen und Kollegen, noch mehr die reifen, klugen und neugierigen Studierenden.

Im strukturierten, qualitativ hochwertigen Gespräch kann man die meisten Probleme lösen.

Eine Transformation muss geschehen – wodurch kann diese angestoßen werden?

Bildung (kostet).

 

 

Welche persönliche Utopie hast du für unser Gesundheitssystem?

Ich wünsche mir ein Gesundheitssystem, in welchem folgende Punkte wieder voll zur Verfügung stehen:

1. freie Therapieentscheidung – Der Arzt entscheidet was der Patient braucht, unabhängig davon was eine potentielle Kosteneffizienz braucht. Es muss wieder Vertrauen in die ökonomische Entscheidungsfähigkeit des Arztes entwickelt werden.
2. Eine Medizin die nicht jeden Patienten in eine Leitlinien presst, Medizin ist auch eine Heilkunst und sollte als solche gelebt werden. Jeder Mensch ist individuell und so muss es auch die Medizin sein. zB auch in Hinsicht auf Liegezeiten, Zeit der Zuwendung, alternative Heilanwendungen
3. Das Gesundheitssystem gehört nicht in die Hände ausländischer Investoren, ob eine staatliche Führung wirklich das Richtige ist, bezweifle ich aktuell noch. So lange Bereiche wie Gesundheit, Bildung und Kultur hinten anstehen und die Finanzierung nur zögerlich ist, sehe ich das kritisch.
4. Was alle brauchen ist Zeit. Ich wünsche mir dass wieder eine faire Entlohnung aller im System arbeitender erfolgt. Auch der Ärzte! Mit pauschalen Abrechnungen ist niemandem geholfen. Die Begründung für ein Zusammenstampfen der Gebührenziffern lag auch an den häufigen missbräuchlichen Abrechnungen. Aber hier müssen die Einzelfälle zur Rechenschaft gezogen werden und eben härter bestraft werden. Deshalb kann man nicht alle nur mit Pauschalen abspeisen.
Behandlung braucht Zeit für Gespräche und Fürsorge. Das sollte sich abbilden dürfen.
5. Ich glaube zum aktuellen Zeitpunkt nicht an eine Bürgerversicherung. Kassenpatienten profitieren sehr von den Privat versicherten. Sehr häufig kompensieren Ärzte den Mangel an Einnahmen bei Behandlung der Kassenpatienten mit den Einnahmen durch Privatpatienten, auch was Anschaffungen von zB Geräten angeht. Zum aktuellen Zeitpunkt glaube ich, dass uns eine Bürgerversicherung vom Regen in die Traufe bringen würde da man für alle Patienten weniger bekommen würde und es ein angleichen an die Untergrenze wäre. Das wäre aber absolut fatal!!! Die Verantwortlichen würden nur versuchen die Kosten noch mehr zu drücken! So lange wir kein solidarisches System haben, in welchem Behörden sich nicht selbst gütlichst mit ihren Gehältern und Sonderbehandlungen tun, Lobbyismus betreiben und ihre Diäten permanent erhöhen, während andere Berufsgruppen mit großem Fingerzeig immer wieder zur Bescheidenheit aufgerufen und gezwungen werden, glaube ich NICHT an eine Bürgerversicherung.
6. Ich bin für ein Gesundheitssystem das langfristig auf Prävention baut und Verantwortung sowohl für Umwelt auch als für Kultur und die Kinder übernimmt. – Aufklärungsarbeit, Schulungen, Kurse, Korrektur der Medienlandschaft.
7. Es sollte eine Therapiefreiheit geben auch in Hinsicht auf alternative Behandlungsmethoden, diese sollten sogar forciert werden da wir eine Übertherapie in gewissen Bereichen haben zB Antibiotika
8. Abschaffung des DRG Systems, Stärkung der Geburtshilfe und Pädiatrie

… ich könnte unzählige Punkte mehr aufzählen

Abschaffung des DRG Systems und Rückkehr zur Versorgung wie sie früher erfolgte.

Welches Erlebnis hat dir in der Vergangenheit den Mut zur Utopie genommen/dir Hoffnung genommen?

Wenn ich erlebe wie Herr Spahn auftritt, verliere ich meinen Mut. Er ist sehr aggressiv, dominant und hat eine so radikale Einstellung die kontroverse Meinungen niederbügelt, dass es mir immer wieder bewusst wird, mit was für harten Gegnern wir es zu tun haben. Die Lobbyisten und stark wirtschaftlich denkenden sind eine heftige Front.

Welches Erlebnis hat dich in der Vergangenheit darin bestärkt/dir Hoffnung gegeben, dass alles ganz anders sein könnte?

Zu sehen, wie viele sich mittlerweile dafür einsetzen dass es eine Alternative geben kann.

Eine Transformation muss geschehen – wodurch kann diese angestoßen werden?

Vernetzung und gemeinsame Aktivitäten. Die Masse machts…

Hier kann bald auch deine Utopie zu lesen sein. Nur Mut!